Ostthüringer Zeitung: Wolfgang Schütze kommentiert: Umstrittene Notlösung

Ach die Sachsen schon wieder…

In Dresden durfte gestern nicht unter freiem Himmel demonstriert
werden – ein in der Geschichte der Bundesrepublik beispielloser
Vorgang. Grund: Kriminelle Anschlagsdrohung gegen einen Mann mit
krimineller Vergangenheit.

Wie die Polizei in Dresden sagte, lägen ihr konkrete Hinweise vor,
dass der Pegida-Anführer Lutz Bachmann ermordet werden solle. Der
Islam- oder eher politikkritische Verein glaubte den Polizeichefs. Im
Internet indes gibt es auch andere Stimmen, die von einer
Verschwörung gegen Pegida und die Zehntausenden Mitläufer orakeln.

Auch wenn man diesen Theorien nicht folgt, wirft die Entscheidung
Fragen auf. Denn warum wurden die Gegendemonstrationen, auf denen
Herr Bachmann gewiss nicht auftaucht, gleich mit verboten?

Der Eingriff in verfassungsmäßigen Grundrechte – und dazu gehört
das Versammlungsrecht allemal – ist nur zu rechtfertigen, wenn
schwerwiegende Gründe vorliegen. Leib und Leben zu schützen, ist
Aufgabe der Polizisten, und dafür dürfen sie auch mal einen
Vertrauensvorschuss erwarten. Sie sind näher dran als der
Bundesinnenminister, der nach wie vor statt von einer konkreten „nur“
von einer allgemeinen Terrorgefahr spricht.

Allgemeines Versammlungsverbot kann nur die Ausnahme sein. Und
nicht der Versuch, eine zerstrittene Stadt zu befrieden, in dem dort
friedliche Demos verboten werden.

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