ots.Audio: Audio-Beitrag zur Pressekonferenz „Alleinerziehende in Deutschland – Ergebnisse des Mikrozensus 2009“

Anmoderation: Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat heute in
einer Pressekonferenz in Berlin Ergebnisse aus dem Mikrozensus 2009
zur Situation von Alleinerziehenden in Deutschland vorgestellt.
Darüber sprechen wir mit Roderich Egeler, dem Präsidenten des
Statistischen Bundesamtes.

Frage 1: Herr Egeler, sind Alleinerziehende inzwischen eine feste
Größe in der deutschen Familienlandschaft? Und wie weit ist dieser
Familientyp in Deutschland verbreitet?

Antwort 1 (17 sec.): Im Jahre 2009 war fast jede fünfte Familie
mit minderjährigen Kindern alleinerziehend. Und die Tendenz ist
steigend. Gab es 1996 noch 1,3 Millionen Alleinerziehende, waren es
2009 bereits 1,6 Millionen.

Frage 2: Gibt es dabei regionale Unterschiede?

Antwort 2 (18 sec.): Die gibt es, besonders zwischen Ost- und
Westdeutschland. In den neuen Ländern ist der Anteil der
Alleinerziehenden mit 27% deutlich höher als im Westen, wo er nur 17%
beträgt. Diese Ost-West-Unterschiede sind in vielen weiteren Aspekten
zu beobachten.

Frage 3: Können Sie uns dafür auch ein Beispiel nennen?

Antwort 3 (20 sec.): Gerne. In Westdeutschland wird man zum
Beispiel eher durch Scheidung oder Trennung vom Ehepartner zum
Alleinerziehenden: das traf auf 64% der Fälle zu. Im Osten beträgt
der entsprechende Anteil nur 42%. Hier sind mehr als die Hälfte der
Alleinerziehenden – nämlich 54% – ledig.

Frage 4: Die gängige öffentliche Vorstellung lautet ja, dass
Alleinerziehen Frauensache ist? Können Sie das mit Ihren Daten
bestätigen?

Antwort 4 (31 sec.): Im Grunde ja. Der Frauenanteil unter den
Alleinerziehenden lag 2009 bei 90%. Im Umkehrschluss heißt das: Nur
jeder zehnte Alleinerziehende war ein Mann. Und auffällig ist, dass
Männer häufiger ältere Kinder betreuen. Etwa 36% der
alleinerziehenden Väter waren für Kinder zwischen 15 und 17 Jahren
verantwortlich. Bei den alleinerziehenden Müttern kümmerte sich
hingegen rund ein Drittel um Kinder im Krippen- oder Vorschulalter.

Frage 5: Lassen Sie uns bei den alleinerziehenden Müttern bleiben.
Wie ist deren Beteiligung am Erwerbsleben? Gibt es da Unterschiede
beispielsweise zu Müttern in Paarfamilien?

Antwort 5 (19 sec.): Auf den ersten Blick nicht. Bei den
alleinerziehenden Müttern gingen 2009 rund 60% arbeiten. Mütter in
Paarfamilien waren mit 58% fast genauso häufig berufstätig. Auffällig
ist aber, dass erwerbstätige Alleinerziehende häufiger in Vollzeit
arbeiteten.

Frage 6: Sie sagten, dass 60% der alleinerziehenden Mütter
berufstätig sind. Nur diese Frauen verfügen dann natürlich auch über
ein Erwerbseinkommen. Und die anderen?

Antwort 6 (25 sec.): Wir stellen im Mikrozensus die
Haupteinkommensquellen zur Finanzierung des Lebensunterhaltes fest.
Und dabei zeigt sich, dass für etwa ein Drittel der alleinerziehenden
Mütter staatliche Transferleistungen wie Hartz IV oder Sozialhilfe
die wichtigste Einkommensquellen sind. Bei Müttern in Paarfamilien
spielen neben dem eigenen Erwerbseinkommen vor allem die Einkünfte
des Partners eine Rolle.

Frage 7: Lassen Sie uns noch einmal auf die alleinerziehenden
Mütter zurückkommen. Wie ist insgesamt deren finanzielle Lage
einzuschätzen?

Antwort 7 (25 sec.): Etwa 31% aller alleinerziehenden Mütter
musste 2009 mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 1
100 Euro auskommen. Davon sind gerade Mütter mit Kleinkindern
betroffen. Deutlich mehr als die Hälfte – nämlich 54% – aller
alleinerziehenden Mütter mit Kindern unter drei Jahren, haben nur ein
Einkommen unter 1 100 Euro.

Frage 8: Wenn die finanzielle Situation vieler Alleinerziehender
so schlecht ist, dann ist zu erwarten, dass sie sich viele Dinge
nicht leisten können, die für andere Haushalte häufig
selbstverständlich sind. Haben Sie auch dafür konkrete Zahlen?

Antwort 8 (34 sec.): Ja, die haben wir. Nach eigenen Angaben
verfügten zum Beispiel im Jahre 2008 19% der Alleinerziehenden nicht
über genügend Mittel, um ihre Wohnung angemessen zu beheizen. 56%
der Alleinerziehenden können sich nicht jedes Jahr zumindest einen
einwöchigen Urlaub leisten. Und für 74% bedeuten unerwartete
Ausgaben, wie zum Beispiel die Reparatur der Waschmaschine, eine kaum
zu bewältigende Belastung. All diese Werte liegen weit höher als in
Haushalten, in denen zwei Erwachsene leben.

Abmoderation: Herr Egeler, vielen Dank für Ihre Einschätzungen zur
Situation Alleinerziehender in Deutschland.

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