Was für ein Paukenschlag: Die US-Notenbank Fed senkt wegen der
Risiken für die US-Wirtschaft durch das Coronavirus außerplanmäßig ihren
Leitzins um 50 Basispunkte. Das ist das erste Mal seit der Weltfinanzkrise im
Jahr 2008, dass die US-Währungshüter ihren Schlüsselsatz außer der Reihe senken.
Im besten Fall trägt die Fed mit dem Schritt dazu bei, die weltweit um sich
greifende Panik wegen des Coronavirus zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht zu
dämpfen. Im schlimmsten Fall aber geht das nach hinten los – und die Fed richtet
mehr Schaden als Nutzen an.
Es ist sicher nicht übertrieben, das Coronavirus als größtes Wirtschaftsrisiko
seit der Finanzkrise zu bezeichnen, wie es die OECD getan hat. Und es stimmt,
dass Notenbanken nicht tatenlos zusehen können, wenn sich wie zuletzt an den
Finanzmärkten Panik breitmacht. Im Idealfall beruhigt das Ausrufezeichen der Fed
die Gemüter an den Märkten. Genauso richtig ist aber, dass sich die
wirtschaftlichen Effekte des Coronavirus noch gar nicht seriös beziffern lassen.
Und die Geldpolitik darf auch nicht zur Vollkaskoversicherung irrationaler
Märkte mutieren. Die Notenbanken müssen zudem aufpassen, mit Aktionismus nicht
selbst zusätzliche Panik zu schüren.
Ohnehin erscheint es gegenwärtig mehr als fraglich, was die Notenbanken
überhaupt (noch) bewirken können. Das hat nicht nur mit den leergeräumten
Instrumentenkästen zu tun. Vielmehr kann eine geldpolitische Lockerung primär
angebotsseitige Schocks wie durch das Coronavirus kaum mindern. Gefragt ist in
erster Linie die Fiskalpolitik. Statt Zinssenkungen oder Anleihekäufen braucht
es jetzt gezielte Maßnahmen wie Kreditprogramme oder Garantien für besonders
betroffene Unternehmen und Branchen. Die große Gefahr ist, dass die Notenbanken
die Politik wieder aus der Verantwortung entlassen, wenn sie nun erneut
vorpreschen und sich zum Retter aufschwingen.
Mit dem überraschenden Schritt der Fed steigt in jedem Fall der Druck auf die
Europäische Zentralbank (EZB) – zumal, wenn der Euro weiter aufwerten sollte.
Wenn die EZB aber ihren Einlagenzins noch weiter unter null senken sollte, setzt
sie damit nur die Banken unter Druck – was kontraproduktiv wäre. Bei den
Anleihekäufen dagegen setzen die selbst formulierten Limits Grenzen. Ein
Lockerungswettlauf wäre jetzt aber so oder so sicher das Letzte, was die
Welt(wirtschaft) braucht. Die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde steht somit
früher als gedacht – und wohl auch früher als von ihr erhofft – vor ihrer
geldpolitischen Feuertaufe.
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