Regina Poersch: Kürzung des EU-Haushalts ist für uns nicht akzeptabel

Nicht erst seit dem Brexit fragen wir uns, wie es mit
der EU weitergeht, diesem einzigartigen Friedens- und
Wohlstandsprojekt. Das gilt auch für den europäischen Finanzrahmen.
Bereits bei den Verhandlungen zum Finanzrahmen für die aktuelle
Förderperiode 2014-2020 musste Schleswig-Holstein mit weniger Mitteln
auskommen. Man hatte Großbritannien und dem damaligen Premierminister
David Cameron das Zugeständnis gemacht, unter 1 % des BIP zu bleiben.
Damit sollte das Vereinigte Königreich in der EU gehalten werden. Na,
das hat ja super funktioniert! Heute stehen wir wieder vor der
gleichen Frage und deshalb begrüßen wir die von der Europäischen
Kommission angestoßene Debatte zur Zukunft der EU-Finanzen. Eine
weitere Kürzung des EU-Haushalts und der Beiträge der
Mitgliedsstaaten unter 1% Bruttoinlandsprodukt sind für uns nicht
akzeptabel. Und: Nicht weniger, sondern mehr gemeinsames Handeln muss
unser Ziel sein! Deshalb fordern wir die Landesregierung dazu auf,
sich im Bundesrat für eine auskömmliche Ausstattung des EU-Haushalts
einzusetzen. Die Debatte befindet sich erst am Anfang. Auch im
Europaausschuss haben wir den Faden aufgenommen. Mein Dank geht an
dieser Stelle an den Kollegen Andresen.

Nicht nur um die Höhe des EU-Haushaltes insgesamt, sondern auch
um die Verteilung der Finanzen auf die Mitgliedstaaten und Regionen
und die Ausrichtung der Förderprogramme wird alle 5 Jahre neu
verhandelt. Und das Ringen darum beginnt jetzt. Dabei geht es um
politische Gestaltung und wir wollen, dass das Land sich in diese
Debatte aktiv einbringt, für einen möglichst hohen Anteil an
Fördermitteln für die Weiterentwicklung in unserem Land und in der
deutsch-dänischen Grenzregion, in der Nord- und Ostseeregion, für
weniger Bürokratie bei Beantragung und Abwicklung der Projekte, und
für Förderprogramme, die auf die zentralen Zukunftsfragen Antworten
geben, die sozial, solidarisch, nachhaltig, und innovativ
ausgerichtet sind. Nur wenn es uns gelingt ein solches Europa zu
schaffen, sozial, solidarisch, nachhaltig und innovativ, nur dann
werden wir das großartige Friedensprojekt auch für kommende
Generationen bewahren.

Und obwohl wir erst am Anfang stehen, wissen wir schon heute um
die Bedeutung der für Schleswig-Holstein so essentiellen Bereiche wie
– die Ausgestaltung des Europäischen Sozialfonds,
– die Wirtschafts- und Tourismusentwicklung,
– die zukünftige Agrarpolitik und die damit verbundene Frage, ob
wir es schaffen, eine Stärkung der ländlichen Räume zu verabreden,
auch wenn dies zu Lasten der Direktzahlungen an Landwirtinnen und
Landwirte gehen sollte.

Wir müssen den europäischen Mehrwert der europäischen
Kohäsionspolitik sichtbar machen! Unsere grenzüberschreitende
Zusammenarbeit mit Dänemark ist ein gutes Beispiel! Der erste
europäische Mehrwert ist zweifellos der Frieden. Aber auch der
gesellschaftliche Zusammenhalt und die soziale Sicherung sind zu
nennen.

Ein Blick in den Koalitionsvertrag lässt Schlimmes ahnen. Kein
Landesgeld für europäische Projekte, wenn EU-Mittel schrumpfen oder
wegfallen! Das ist verantwortungslos! Wie Sie das den Projektträgern
erklären wollen, ist Ihre Sache. Ich mag mir ein Schleswig-Holstein
ohne ESF-geförderte Projekte wie Frau und Beruf oder auch die
Berufsbildungsstätte der Handwerkskammer Lübeck hier in Kiel nicht
vorstellen!

Es widerspricht dem europäischen Gedanken, gute europäische
Projekte am Ende „verhungern“ zu lassen!

Zu guter Letzt jedoch zeigt sich am gemeinsamen EU-Haushalt, wie
solidarisch die zukünftig 27 Mitgliedsstaaten miteinander umgehen.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung kommt in ihrer aktuellen
Acht-Länder-Studie zur „EU nach dem Brexit“ zu dem Ergebnis, dass
sich in Deutschland acht von zehn Befragten für eine stärkere
Zusammenarbeit der EU-Staaten aussprechen.

Der Brexit und die Diskussionen drum herum führen dazu, dass die
Sensibilität für die Vorzüge der EU deutlich zugenommen hat. Mit der
EU verbinden die Bürgerinnen und Bürger heute (anders als noch 2015)
wieder mehrheitlich Begriffe wie „Chancen“ statt „Risiken“, sie
verbinden mit der EU „steigenden Wohlstand“ anstelle von „sinkendem
Wohlstand“. Deshalb noch einmal: Nicht weniger, sondern mehr
gemeinsames Handeln muss unser Ziel sein! Das ist unser Verständnis
von Solidarität und europäischem Mehrwert, von dem Schleswig-Holstein
profitiert. Um jeden Cent lohnt es sich zu kämpfen!

Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)

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