Der Prozess gegen Ägyptens gestürzten
islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi ist erst einmal vertagt,
aber die politische Konfrontation in Ägypten lässt sich nicht so
einfach von der Tagesordnung nehmen. Darüber sollte das geringe
Ausmaß der Proteste der Mursi-Anhänger gestern nicht hinwegtäuschen.
Der Konflikt wird weiter schwelen. Wie glaubwürdig ist schon die
Anklage vonseiten eines Regimes, das seit dem Sommer rund 1000
zumeist unbewaffnete Oppositionelle erschießen ließ? Die Forderung
aus dem Westen, beim Prozess gegen Mursi solle es doch bitteschön
nach rechtsstaatlichen Prinzipien zugehen, ist vor diesem Hintergrund
schon ziemlich zynisch. In Ägypten hat man derzeit nur die Wahl
zwischen zwei Übeln: undemokratischen Islamisten und undemokratischen
Obristen. Aber umso mehr muss jetzt die größte Gefahr gebannt werden
– die eines Bürgerkriegs wie in Syrien. Dafür aber braucht Ägypten
möglichst noch vor den für Februar angesetzten Wahlen eine politische
Aussöhnung. Mit Mursi auf der Anklagebank wird das kaum gelingen.
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