Rheinische Post:Ägyptens Hoffnung

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Noch ist lange nicht ausgemacht, was aus dem Protest gegen das
Mubarak-Regime in Ägypten wird. Aber eine gute Nachricht gibt es: Wie
schon in Tunesien sind es keineswegs zottelbärtige Islamisten, die da
demonstrieren, sondern junge, weltlich orientierte Menschen. Sie
fordern keinen Gottesstaat und keine Scharia, sondern soziale
Reformen, mehr politische Freiheit und ein Ende der schamlosen
Bereicherung einer kleinen Macht-Elite. Die Demonstranten wollen
nicht unbedingt eine parlamentarische Demokratie nach unserem Muster,
aber sie haben dieselben Grundbedürfnisse wie wir auch: Arbeit,
Schutz vor Behördenwillkür, eine Perspektive für ihre Kinder. Es sind
Araber, die endlich einmal nicht auf Geheiß irgendwelcher
Hassprediger durch die Straßen ziehen, sondern in eigener Sache.
Sorgen muss man sich trotzdem machen. Die Schwäche der
Protestbewegung liegt im Mangel an Führungsfiguren, die einen
demokratischen Übergang gestalten könnten. Die Gefahr einer
islamistischen Instrumentalisierung gibt es, und die Folgen für den
gesamten Nahen Osten wären unabsehbar, sollte Ägypten tatsächlich in
die Hände der Radikalen fallen. Doch in diesen Tagen wächst dort ein
starkes Gefühl, das Hoffnung macht: Wir sind das Volk!

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