Rheinische Post: Afghanisches Chaos Kommentar Von Helmut Michelis

Ein dickes Fragezeichen steht zurzeit hinter
den Abzugsplänen der Bundeswehr aus Afghanistan. Denn noch immer
verweigert Präsident Hamid Karsai die Unterschrift unter das Abkommen
für die Nato-Folgemission nach 2014, für die Deutschland bis zu 800
Soldaten als Ausbilder angeboten hat. Also muss der Abzug bis
Dezember beendet sein. Erfolgt er jedoch zu schnell und die Afghanen
beschließen nach Wahlen und Stichwahlen im Herbst, den Westen doch um
weitere Militärhilfe zu bitten, müssten wieder Truppen an den
Hindukusch zurückgeschickt werden – ein schwer vermittelbarer
Schritt. Es ist absurd: Karsai will wohl als der Präsident in die
Geschichte Afghanistans eingehen, der die misstrauisch beäugten
Fremden vertrieben hat. Ob ihm das aber wirklich den Kopf rettet? Er
weiß, dass sein Land ohne ausländische Hilfe an die Taliban
zurückzufallen droht und ihn dann auch keine Gnade erwartet. Je
länger er zögert, desto wahrscheinlicher verliert er den Beistand des
Westens. Denn der Einsatz ist nicht nur in Deutschland, sondern auch
in den USA unpopulär. Karsai spielt mit der Zukunft Afghanistans.

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