Kommentar von Birgit Marschall
Wer geglaubt hat, die Rettung Griechenlands vor der Staatspleite
sei mit dem 110 Milliarden Euro schweren Hilfspaket der EU-Staaten
und des Internationalen Währungsfonds (IWF) vollzogen, den belehrt
die traurige Realität eines Besseren: Die Euro-Staaten haben sich mit
den Hilfskrediten nur etwas Zeit gekauft. Nun brechen die vor einem
Jahr eilig zugeklebten Wunden wieder auf. Trotz ehrgeiziger
Sparbeschlüsse ist Athen bei der Bewältigung der Schuldenkrise
offenbar kaum vorangekommen. Ein verzweifelter Regierungschef kämpft
gegen wütende Proteste seiner Bürger, weiter wachsende Defizite in
der Rezession und Widerstände im eigenen Apparat, die Sparbeschlüsse
auch umzusetzen. Fällige Steuern werden nicht eingetrieben, geplante
Privatisierungen verzögert. Der Austritt Griechenlands aus der
Euro-Zone, verbunden mit einer Umschuldung, wäre nach den reinen
Gesetzen der Ökonomie tatsächlich geboten. Doch die Gefahr eines
Domino-Effekts und des späteren Zusammenbruchs der Euro-Zone wäre so
groß, dass die Regierungen zu Recht unter allen Umständen dagegen
halten. Sie sollten jetzt nach Wegen suchen, die sanfte Umschuldung
Athens innerhalb der Euro-Zone zu organisieren.
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