Rheinische Post: Angela Mutlos Kommentar Von Michael Bröcker

Vor drei Wochen hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) im Bundestag stolz ihren neuen, konfrontativen
Führungsstil ausgegeben und erklärt, dass Streit notfalls sein müsse,
wenn es um das Ringen nach Lösungen gehe. Nun ist die Kanzlerin bei
einem der wichtigsten europäischen Vorhaben, der Neufassung des
Stabilitätspakts, einem Streit mutlos aus dem Weg gegangen und vor
Frankreichs Präsident Sarkozy eingeknickt. Das Aufweichen der
Sanktionsmethodik gegen Defizitsünder in der Euro-Zone ist ein
fatales Signal an die Finanzmärkte und eine zweifelhafte Botschaft an
jene Staaten, die seit Jahrzehnten bei ihren Haushaltszahlen
tricksen, verschleiern und beschönigen. Der Stabilitätskultur hat die
Achse Paris-Berlin einen Bärendienst erwiesen. Zu Recht ist der
Koalitionspartner FDP empört. Dass ausgerechnet Deutschland – Theo
Waigel, der Vater des Stabilitätspakts, wird sich die Haare raufen –
auf den Laissez-faire-Kurs der Franzosen einschwenkt, ist gefährlich.
Die Euro-Schuldenkrise ist noch nicht vorbei. Zuletzt musste
Griechenland mehrfach wieder seine Defizitzahlen nach oben
korrigieren, auch das Konsolidierungsprogramm in Athen bleibt hinter
den Erwartungen zurück. Und sollte der Euro-Rettungsschirm doch noch
platzen, zahlt Deutschland die dickste Rechnung.

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