Rheinische Post: Brüderles Wahrheiten

Ein Kommentar von Michael Bröcker:

Man möchte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle beglückwünschen.
Der Mann mit dem losen Mundwerk hat die Kehrtwende der Koalition in
der Atompolitik als das bezeichnet, was sie ist: eine nicht rationale
Entscheidung im Vorfeld von Wahlen. Brüderle präsentiert sich wie bei
den Hilfen für den Autobauer Opel oder im Streit um das
Griechenland-Rettungspaket als forscher, aber prinzipientreuer Mann.
Dass die Sicherheitslage der deutschen Kernkraftwerke „nach Japan“
exakt dieselbe ist wie „vor Japan“, ist eine Binse. Zwei Drittel der
Deutschen halten Merkels Atomschwenk für Wahlkampftaktik. Welche
Rolle spielt da eine Aussage Brüderles? Das Restrisiko bei den
Atommeilern – Stichworte: Flugzeugabsturz, Erdbeben – gab es bereits
im Herbst 2010. Schwarz-Gelb hatte sich trotzdem für die
Laufzeitverlängerung entschieden. Und war mit dieser Ankündigung
übrigens 2009 gewählt worden. Das Schwierige an den Äußerungen
Brüderles ist, dass er der Regierung nun den ersehnten Sündenbock
liefert, sollten die Wahlen verloren gehen. FDP-Chef Westerwelle, der
mit Widersprüchlichkeiten in der Libyen-Frage, Zugeständnissen bei
der Euro-Rettung und dem Atom-Rollentausch die liberale Basis
irritiert, stärkt Brüderle ungewollt. Als Ersatz-Parteichef ist der
Pfälzer aus dem Rennen. Als Minister hat Brüderle Profil gezeigt.
Wieder einmal.

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