Rheinische Post: Das Comeback der CDU-Chefin

Ein Kommentar von Martin Kessler:

Angela Merkel ist ein lernfähiges System. Jahrelang hielt sie sich
an die Devise ihres Vorgängers Helmut Kohl, die Dinge gründlich
auszusitzen, bevor sie eine Entscheidung traf. Seit ihr der Wind
national und international scharf ins Gesicht bläst, erleben wir eine
neue Merkel: entscheidungsfreudig, meinungsstark und grundsätzlich.
Mit ihrer kämpferischen Rede auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe
hat sie diesen Kurs konsequent weitergeführt. Es war die
emotionalste, aber auch die konservativste Rede, die sie je als
Parteivorsitzende gehalten hat. Sie hat sich entschlossen zu
umstrittenen Großprojekten, aber auch zum christlichen Menschenbild
bekannt. Entsprechend stark war die Resonanz. Zum ersten Mal wirkten
die CDU-Delegierten, auch die, die Merkel mit großen Vorbehalten
begegnen, mit ihrer Vorsitzenden versöhnt. Die CDU-Chefin entdeckte
ihre schwarze Seele. Doch selbst klare Bekenntnisse, ob zu
technologischen Großprojekten, zum christlichen Glauben oder zu einer
grundkonservativen Haushaltspolitik, verpuffen, wenn es Merkel nicht
gelingt, auch beim Wähler wieder zu punkten. Sie kann Delegierte
begeistern, sie kämpft, sie ackert. Aber schafft sie auch die Wende
bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz?
Daran wird sich zeigen, ob sie ihre Lektion auch wirklich gelernt
hat.

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