Rheinische Post: Das Erfurter Modell schadet dem Land

Bodo Ramelow, ein Mitglied der Linkspartei, ist
gestern Ministerpräsident eines Bundeslandes geworden. Geht nun die
Welt unter? Nein, natürlich nicht. Bodo Ramelow, der sich in seiner
Antrittsrede offen für das Stasi-Unrecht entschuldigt hat, ist
demokratisch gewählt und damit legitimiert. Der Einzelhandelskaufmann
aus Niedersachsen ist kein kommunistischer Revolutionär, vor dem
Rest-Deutschland in Angst erzittern muss. Das Ergebnis aus Erfurt mag
einem nicht gefallen, aber das gehört zur Demokratie. Und trotzdem
muss die Kritik an dieser Koalition scharf sein. Von Thüringen dringt
ein fatales Signal in die Welt hinaus. Mit der Wahl des ersten
Linken-Regierungschefs wird die Verharmlosung der DDR-Zeit
institutionalisiert. Die politischen Erben eines
menschenverachtenden, anti-zivilisatorischen Unterdrückerregimes,
dessen Opfer zu Tausenden mit Traumata zwischen Rostock und Zwickau
leben, entscheiden nun über Recht und Ordnung. So lange es nur eine
Handvoll Mitglieder in der Linken gibt, die die DDR nicht als
Unrechtsstaat akzeptieren und ein anderes politisches System
anstreben, sind sie an der Macht schädlich. Mal abgesehen von den
wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Partei. In Thüringens Linke
sind nicht nur Ramelows. Die Geschichtsvergessenheit dieses
Bündnisses ist das eine. Das andere ist die Machtbesessenheit von SPD
und Grünen. Dass sich die Bündnisgrünen als Partei der Bürgerrechtler
ohne Diskussion den Linken unterordnen, ist schon erstaunlich. Wie
sich die stolze SPD, die Partei der Aufklärung, in ihrem
Gründungsland den Linken unterwirft (man kann es nicht anders
formulieren), ist indes beschämend. SPD-Chef Sigmar Gabriel mag
intern gegen Rot-Rot-Grün argumentiert haben, zugelassen hat er es am
Ende doch. Er braucht die rot-rot-grüne Machtoption für 2017. In
Wahrheit verzwergt sich die SPD. Sie degradiert sich zum ewigen
Juniorpartner, der sich mal den Grünen, mal der CDU, mal der Linken
als politische Räuberleiter anbietet. Zynisch könnte man sagen, die
SPD schrumpft zur FDP, nur ohne Wirtschaftsprofil. Doch auch die CDU
hat verloren. Frau Lieberknecht hat kräftig mitgeholfen, die
Koalition in Erfurt auseinanderzutreiben. Und weil die CDU kein
bürgerlich-wirtschaftsliberales Bündnis mit der angeblich so
schlimmen AfD schmieden wollte, schaut sie nun aus der Opposition zu.
Bundesweit sind die Grünen nun an acht Landesregierungen beteiligt,
die Union nur an sieben. Weltpolitikerin Angela Merkel sollte sich
mal wieder der Innenpolitik zuwenden.

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