Rheinische Post: Desaster für Gabriel beim Parteitag

Kommentar von Jan Drebes

Sigmar Gabriel steht jetzt denkbar schlecht da. Als SPD-Chef ist
ihm von seiner Partei in Krisenzeiten das Vertrauen entzogen worden,
nur so können die nicht einmal 75 Prozent Zustimmung zu seiner
Wiederwahl beim Parteitag in Berlin gewertet werden. Gabriel rutscht
auf ein historisches Tief des Rückhalts, es ist eine Demütigung, für
ihn persönlich ein Desaster. Er hat die Abstimmungsmacht des linken
Flügels und der Jusos unterschätzt, die sich immer wieder klar gegen
ihn gestellt hatten: Bei seinem Zickzack-Kurs zu Griechenland, wegen
seiner Zustimmung zum Freihandelsabkommen TTIP und zur
Vorratsdatenspeicherung. Aber Juso-Chefin Johanna Uekermann und ihre
Mitstreiter müssen erkennen, dass sie mit ihrer Rache an Gabriel
schlicht verantwortungslos vorgegangen sind. Denn ihn einerseits für
eine „starke Rede“ zu loben, beim vierminütigen Applaus aufzustehen,
ihn aber wenig später so abzustrafen, das ist schon fast hinterhältig
und beschädigt auch die SPD in der Koalition. Gabriel ist fortan auch
als Vizekanzler angeschlagen. Will er Bundeskanzler werden, muss er
im kommenden Jahr die Partei hinter sich vereinen. Ansonsten wird er
bei dem Versuch scheitern, die SPD im Bundestagswahlkampf aus dem
Dauerumfragetief zu führen.

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