Rheinische Post: Die Bahn hat zu wenig Reserven

Kommentar von Klaus Peter Kühn

Nein, NRW ist nicht Lummerland, nur weil zehn Wochen lang in den
wichtigsten S-Bahn-Zügen heftig improvisiert werden musste. Die
Begeisterung des Regio-Chefs der Deutschen Bahn über die
Einsatzbereitschaft der Eisenbahner ist mehr als berechtigt. Die aus
den Büros, aus dem Ruhestand oder gar aus den Familien von
Bahn-Beschäftigten geholten Freiwilligen haben sich mit dem
Unternehmen identifiziert und Züge am Laufen gehalten, die sonst
nicht hätten bewegt werden dürfen. Wie zur Dampflokzeit, als
Lokführer und Heizer unabhängig voneinander die Signale beobachteten,
galt auf einmal wieder das Vier-Augen-Prinzip. So wurde ein
zusätzliches Sicherheitsnetz gespannt, weil die Technik teilweise
streikte. Der Unterschied zur Dampflokzeit ist aber, dass die Heizer
angehende Lokführer waren und in jedem Fall reichlich Erfahrungen im
Führerstand besaßen. Die Freiwilligen konnten diese Vorkenntnisse
nicht haben. Sie haben ihre Sache dennoch gut gemacht. Die
Verantwortlichen müssen sich allerdings fragen, ob es wirklich zu
verantworten ist, die Reserven an Personal und Fahrzeugen so knapp zu
halten, dass zu solchen Notlösungen gegriffen werden muss. Dass es
ein Unding ist, wenn die komplette, zwei Jahre alte Fahrzeugflotte
wegen Fehlern des Herstellers ausfällt, versteht sich von selbst.

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