Rheinische Post: Die Mission

Ein Kommentar von Horst Thoren:

Der dritte Besuch des Heiligen Vaters in seiner Heimat könnte zum
„Gang nach Canossa“ werden. Der Jubel um Benedikt XVI., 2005 als
„Benedetto“ beim Kölner Weltjugendtag gefeiert und ein Jahr später in
Bayern nicht weniger herzlich begrüßt, ist verstummt. Seine Kritiker
werfen dem Papst vor, er sei zu zögerlich im Umgang mit den
Missbrauchsfällen gewesen und setze sich zu akademisch mit den Fragen
der Zeit auseinander – er vergesse die Seelsorge. Dieses schnelle
Urteil ist sicher ungerecht. Es trifft aber die Stimmungslage in
einem Land, in dem der Glaube zur Privatsache geworden ist und die
kirchenferne Gesellschaft allzu gern den Stab bricht über die
Institution, ihre hehren Ansprüche und ihr vermeintliches Versagen.
So steht der Papst 2011 in Deutschland vor seiner größten
Missionsaufgabe. Er muss, dem Beispiel des heiligen Bonifatius
folgend, die Deutschen überzeugen – von seiner Tatkraft in der
Aufarbeitung der Skandale, von seinem Glauben an eine Volkskirche mit
Zukunft, von seinem Willen, die verirrten Seelen einzusammeln. Bleibt
zu hoffen, dass ihm seine bunt gemischten Gesprächspartner von
Bundespräsident Wulff über den grünen Freiburger OB Salomon bis hin
zu Berlins Wowereit Raum lassen für seinen apostolischen Auftrag.
Verkehrte Welt: Der Papst geht nach Canossa – aus Überzeugung.

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