Rheinische Post: Ein Rücktritt zur Unzeit

Der fatale Absturz des französischen
Finanzprofis Dominique Strauss-Kahn von der IWF-Spitze trifft die
Europäer zur Unzeit: Während sich die europäische Schuldenkrise
zuspitzt, verlieren sie ihren wichtigsten Helfer. Strauss-Kahn genoss
die Unterstützung der Amerikaner und auch die Sympathien vieler
Schwellenländer. Nach Jahren relativer Agonie hatte er den
Währungsfonds wieder international schlagkräftig und einflussreich
gemacht. Es ist politisch nur zu verständlich, dass Angela Merkel und
Nicolas Sarkozy dafür kämpfen, wieder einen Europäer an die Spitze
der weltmächtigen Finanz-Feuerwehr zu bugsieren. Christine Lagarde,
die französische Finanzministerin, wäre sicher eine gute Wahl.
Kompetent, charismatisch und durchsetzungsstark genug ist sie. Macht
sie das Rennen, hätte Deutschland bei einem zentralen internationalen
Posten erneut das Nachsehen. Schon für den Chefsessel der
Europäischen Zentralbank konnte Merkel keinen adäquaten eigenen
Kandidaten präsentieren – und der Italiener Mario Draghi
triumphierte. Doch letztlich ist nicht die Nationalität, sondern sind
Eignung und Durchsetzbarkeit entscheidend. Längst haben sich die
weltwirtschaftlichen Gewichte verschoben, die Industrieländer können
beim IWF nicht mehr durchregieren. Und auch ein Brasilianer würde
Krisen-Europa nicht im Stich lassen.

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