Ein Kommentar von Matthias Beermann:
Gilad Schalit ist frei, und das ist eine gute Nachricht. Wer die
ersten Bilder des bleichen und ausgezehrten jungen Mannes gesehen
hat, der fünf Jahre lang isoliert als Geisel gefangen gehalten wurde,
kann sich ausmalen, wie groß die Erleichterung in Israel sein muss.
Trotzdem ist dem Land die Entscheidung nicht leicht gefallen, dem
Abkommen mit der Hamas zuzustimmen. In den Bussen, die da gestern die
israelischen Gefängnisse verließen, saßen Männer, an deren Händen
israelisches Blut klebt. Viele von ihnen, das zeigt leider die
Erfahrung, dürften über kurz oder lang neue Terrorakte gegen Israel
verüben. Bedenklich ist auch, dass der Deal mit der Hamas den
gemäßigten Palästinenserpräsidenten Abbas schwächt – aus heutiger
Sicht der einzige Politiker, mit dem Israel möglicherweise zu einem
Kompromiss im Nahost-Konflikt kommen kann. Alle diese Einwände sind
in ihrer realpolitischen Kälte stimmig, und trotzdem greifen sie zu
kurz. Denn es ging bei dem Austausch – einer gegen 1027 – auch um die
Selbstachtung der israelischen Gesellschaft. Indem sie den Wert eines
der Ihren gegen die menschenverachtende Logik der Terror-Drahtzieher
stellt, die Selbstmordattentäter zu Dutzenden in den Tod schicken,
erringt sie einen moralischen Sieg.
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