Rheinische Post: Erdogans Feindbild

Man sollte Recep Tayyip Erdogan nicht
unterschätzen: Der türkische Ministerpräsident weiß sehr wohl, was er
tut. Um das Lager seiner Anhänger hinter sich zu scharen, setzt er
auf eine brachiale Strategie der Polarisierung. Jede Form von Kritik
wird sogleich als Majestätsbeleidigung eingestuft. Schuld sind immer
„die anderen“. Das können innenpolitische Gegner sein, unbotsame
Medien, aber auch ungenannte ausländische Mächte oder obskure
Verschwörerkreise. Sie alle, so lautet die Botschaft, neiden Erdogan
seinen politischen Erfolg und der Türkei ihren wirtschaftlichen
Aufschwung. Wir oder sie, lautet die Losung. Diese
Feindbild-Strategie ist bislang aufgegangen, aber sie hat schlimme
Nebenwirkungen. Die Türkei ist heute politisch so tief gespalten wie
noch nie. Und mit den wiederholten Angriffen auf ausländische Medien
könnte Erdogan den Ruf seines Landes nun auch auf der internationalen
Bühne ruinieren. Dass Pressefreiheit kein Recht ist, dass nach
Gutsherrenart eingeschränkt werden kann, sollte in einer Demokratie
selbstverständlich sein. Auch in der Türkei.

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