Der frühere Chefvolkswirt der Europäischen
Zentralbank, Jürgen Stark, hat die Anleihekäufe der EZB scharf
kritisiert und den Umgang des EZB-Rats mit Bundesbank-Chef Jens
Weidmann als inakzeptabel bezeichnet. „Ich halte die Argumentation
des Bundesbank-Präsidenten für überzeugend und schlüssig. Seine
Haltung steht voll in der Kontinuität und der stabilitätspolitischen
Tradition der Bundesbank, die über viele Jahrzehnte zu den
erfolgreichsten Zentralbanken der Welt zählte“, sagte Stark der in
Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montagausgabe).
„Bedauerlich finde ich, dass von der EZB die Diskussion zunehmend
personalisiert wurde. Das ist nicht nur unfair, es ist inakzeptabel
und grenzt an Mobbing.“ Der Umgang mit Jens Weidmann sei für ihn
„unfassbar“, sagte Stark.
Zugleich kritisierte der Ökonom die Ankündigung der EZB,
unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen. „Der EZB-Rat
geht mit seiner zahlenmäßig überwältigenden Mehrheit, was nicht
automatisch für die Qualität der Entscheidung sprechen muss, ein
immenses Risiko ein“, so Stark. Das Risiko trage letztlich der
Steuerzahler. „Für eine derart weitreichende Entscheidung ist die
EZB nicht legitimiert. Die EZB handelt außerhalb ihres Auftrags, auch
wenn anderes behauptet wird.“ Stark hält überdies ein Festhalten an
Griechenland in der Euro-Zone für falsch. „Wenn ein Land aus der
Währungsunion ausscheiden sollte, etwa Griechenland, ist das zwar
teuer, aber in den Auswirkungen beherrschbar. Es bedeutet nicht den
Zusammenbruch der Währungsunion“, sagte Stark. Der Ökonom rechnet
damit, dass Spanien als nächstes Land Mittel des Rettungsfonds
beantragen werde. „Ich denke Spanien braucht ein umfassendes Programm
mit strikter Konditionalität.“
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
Weitere Informationen unter:
http://