Das Schicksalsjahr für den Euro ist noch keine
Woche alt, da verliert Deutschland Einfluss in der Europäischen
Zentralbank (EZB): Die Kanzlerin kann ihren Berater Jörg Asmussen
nicht als Chefvolkswirt durchsetzen. Das ist ein Schlag für Merkel –
politisch und ökonomisch. Denn der Chefvolkswirt ist nicht irgendein
Beamter, sondern legt mit seinen Analysen die Basis, auf der die EZB
über Zinsen und Staatsanleihen-Käufe entscheidet. Der Vorgang zeigt,
dass Merkels Macht in Europa Grenzen hat. Blockieren sich Deutschland
und Frankreich, nutzen andere das Patt für eigene Schachzüge. Gestern
hat EZB-Präsident Mario Draghi den Streit zwischen Paris und Berlin
genutzt, um den unauffälligen Belgier Peter Praet nach vorne zu
schieben. Den Coup kann man als Beweis für die Unabhängigkeit der
Zentralbank werten. Man muss ihn aber auch als Teil von Draghis
Machtpolitik sehen. Praet wird ihm bei strittigen Fragen weniger in
die Quere kommen als der stabilitätsbewusste Asmussen. Deutschland
hat seit gestern deutlich weniger Macht, um Draghi in den Arm zu
fallen, falls er die Notenpresse zur Rettung von Schuldenstaaten wie
Italien anwerfen will. Blamabel für ein Land, das den größten Beitrag
zur Rettung des Euro schultert.
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