Rheinische Post: FDP sucht sich selbst

Ein Kommentar von Birgit Marschall:

Guido Westerwelle hat nach dem atemberaubenden Absturz der FDP in
der Wählergunst endlich die Reißleine gezogen. Er mag ein guter
Redner und Wahlkämpfer sein, in der Exekutive erwies er sich jedoch
als überfordert. Auf das glänzende Wahlergebnis vor eineinhalb Jahren
folgte eine Phase der Pleiten und Pannen in der Regierungsarbeit. Die
FDP hat bisher keines ihrer Wahlversprechen einlösen können. Sie
musste sich Hohn und Spott dafür gefallen lassen, dass ihre einzige
Leistung darin bestand, die Steuerlast für Hoteliers zu senken. Durch
die Ankündigung seines Rückzugs vom Parteivorsitz versucht
Westerwelle, wenigstens das Amt des Außenministers für sich zu
retten. Das ist nachvollziehbar, doch weder gut für das Land, noch
für die FDP. Ein Außenminister, der von seiner eigenen Partei vom Hof
gejagt wird, hat keine Autorität mehr. Im Politikerjargon nennt man
so jemanden „lahme Ente“. Das kann sich Deutschland nicht leisten,
zumal südlich des Mittelmeers Krieg geführt wird. Auch die
Bundeskanzlerin wird auf so einen Vizekanzler und Außenminister nicht
bauen wollen. Mit Philipp Rösler, dessen Kandidatur nun sehr
wahrscheinlich geworden ist, wäre ein Neuanfang für die FDP möglich.
Rösler könnte den Liberalen verloren gegangene Glaubwürdigkeit
zurückgeben. Die Partei ist auf der Suche nach sich selbst. Ein
dickes Brett.

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