Ein Kommentar von Martin Kessler:
Der spektakuläre Machtwechsel in Baden-Württemberg hat
Deutschlands industrielles Herz nicht automatisch ins grüne Zeitalter
katapultiert. Das zeigt sich besonders am Bauprojekt Stuttgart 21. Es
mag nicht zum sanften Wirtschaftsmodell passen, das die Grünen
propagieren. Dennoch ist das Bauvorhaben rechtskräftig und der
wirtschaftliche und verkehrstechnische Nutzen klar. Dass nun die neue
Koalition mit diesem Faktum einerseits und den Erwartungen vieler
ihrer Wähler andererseits umgehen muss, macht die Sache kompliziert.
Auch das Allheilmittel Volksentscheid ist nur eine Scheinlösung. Der
neue Ministerpräsident Kretschmann müsste seinen enttäuschten Wählern
einiges erklären, wenn sich die Mehrheit der Baden-Württemberger für
das Projekt entscheidet. Die SPD hat hier eine Chance. Sie könnte
sich als Partei der wirtschaftlichen Vernunft profilieren. Sie müsste
auf die Grundlagen des beispiellosen Wohlstands im Südwesten der
Republik hinweisen und begründen, warum dazu mitunter harte
Entscheidungen notwendig sind – gerade auch für große
Infrastrukturprojekte. Die pragmatischen Badener und Schwaben könnten
dann entscheiden, wer ihre Interessen letztlich besser vertritt.
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