Rheinische Post: Hässliche Wende im Wahlkampf Kommentar Von Sylvie Stephan

Die Pause im französischen
Präsidentschaftswahlkampf dauerte keine 48 Stunden. Noch am Montag
hatten sich die Kandidaten schier überboten in ihren Aufrufen zur
nationalen Einheit. Doch kaum scheint sich abzuzeichnen, dass die
Bluttaten in Toulouse und Montauban einen islamistischen Hintergrund
haben, ist es mit der Einheit auch schon wieder vorbei. Scheinbar
erleichtert, dass der Verdächtige nicht ihrem rechtsextremen Umfeld
entstammt, prescht Marine Le Pen vor, ruft zum Kampf gegen das
angeblich unterschätzte fundamentalistische Risiko auf und fordert
lautstark ein Referendum über die Todesstrafe in Frankreich. Es
stellen sich freilich Fragen. Etwa, wie es dazu kommen konnte, dass
der mutmaßliche Täter nach Ausbildung in afghanischen und
pakistanischen Trainingslagern nach Frankreich zurückkehren, dort
lange unbehelligt leben und dann zum Serienkiller werden konnte. Doch
wenn Le Pen wettert, der Franko-Algerier sei zunächst Muslim und erst
dann Franzose, versucht die Chefin der rechtsnationalen Front
National das Thema auf widerwärtige Weise politisch auszuschlachten.
Dieser Wahlkampf hat seinen Wendepunkt erreicht. Die Stimmung ist
eine andere, die Frage der inneren Sicherheit, die bisher kaum eine
Rolle spielte, rückt in den Vordergrund. Der Ton ist vorgegeben. Und
er ist hässlich.

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