Rheinische Post: Heute brüllen, morgen kleinlaut zustimmen

Ungeachtet des Gegrummels in der Union wird die
Regierungskoalition weiteren Griechenland-Hilfen mit breiter Mehrheit
zustimmen, weil sie gar nicht anders kann. Die Union wird ihren
Finanzminister nicht hängen lassen. Sie wird auch die an sich gut
funktionierende Koalition mit der SPD nicht an der Griechenland-Frage
scheitern lassen. Wer heute laut brüllt, wird sich Ende der Woche
kleinlaut ergeben. Dabei haben die Skeptiker ja nicht Unrecht: Es
gibt allen Grund, an Reformwillen und -kraft der griechischen
Regierung zu zweifeln. Die „Reformliste“, die Athen gestern nach
Brüssel sandte, ist nicht mehr als eine Liste frommer Wünsche.
Korruption lässt sich nicht par ordre du mufti mal eben bekämpfen,
hinterzogene Steuern nicht mal eben eintreiben. Dennoch ist es
richtig, Griechenland nochmals vier Monate Zeit zu geben. Ein
ungeordnetes Herausfallen aus dem Euro würde eine soziale Katastrophe
auslösen. Die vier Monate müssen genutzt werden, um diese Frage
endlich ehrlich zu beantworten: Hat das heruntergewirtschaftete
Griechenland als Euro-Mitglied eine realistische Chance, spätestens
ab 2020 auf eigenen Beinen zu stehen? Wenn nicht, sollte es im
geordneten Verfahren bald ausscheiden.

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