Rheinische Post: Hochtief hat verloren

Kommentar von Thomas Reisener

Die Klage des SPD-Wirtschaftpolitikers Hubertus Heil ist wohlfeil.
Es stimmt zwar, dass die SPD das Übernahmerecht verschärfen wollte,
um die feindliche Übernahme von Hochtief und anderen deutschen
Unternehmen zu erschweren. Es stimmt auch, dass die SPD dabei an den
Stimmen der CDU gescheitert ist. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Die andere Hälfte ist, dass die CDU schon im November 2001 dasselbe
versucht hat. Aber damals scheiterte die CDU an der SPD. Ein
eklatantes Beispiel für den reflexhaften Trotz, mit dem im
demokratischen System auch vernünftige Vorschläge des politischen
Gegners vom Tisch gefegt werden. In diesem Fall ist dem Trotz ein
Juwel der deutschen Wirtschaft zum Opfer gefallen. Fast überall in
Europa, in den USA und in Australien werden die Konzerne nämlich
durch genau solche Gesetze vor Übernahmen geschützt, wie CDU und SPD
sie hierzulande zerredet haben. Genau dort erwirtschaftet Hochtief
auch über 80 Prozent seines Umsatzes. Deshalb haben Analysten auch
immer schon die Verlegung des Hochtief-Sitzes ins Ausland gefordert.
Wären die Essener dem gefolgt, wäre ihnen die feindliche Übernahme
wohl erspart geblieben. Jetzt wird Hochtief für seine Standorttreue
bestraft.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303