Rheinische Post: Irak droht Zerfall

Ein Kommentar von Klaus Peter Kühn:

In Bagdad explodieren 14 Bomben an einem Tag. Das ist mehr als
eine Schreckensmeldung aus einem geschundenen Land. Das ist eine
Alarmmeldung aus einem Land, das nach neun Jahren Blutvergießen in
einen womöglich noch schlimmeren Bürgerkrieg abzugleiten droht. Kaum
ist der letzte US-Soldat abgezogen, brechen tief wurzelnde Konflikte
zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus. Ministerpräsident
Nuri al Maliki spielt ein gefährliches und undurchsichtiges Spiel:
Als oberster Vertreter der schiitischen Mehrheit im Land drängt er
sunnitische Politiker aus ihren Ämtern. Er kann dabei auf heftige
Sympathie, wenn nicht sogar Unterstützung des von schiitischen
Mullahs geführten Nachbarlands Iran hoffen. Offenbar rächt es sich
schon jetzt bitter, dass die US-geführte „Koalition der Willigen“,
die Saddam Hussein stürzte, niemals ein Konzept entwickelt hat, wie
die Bevölkerungsgruppen im Irak anders als mit Gewalt
zusammengehalten werden können. Die Kurden im Nordirak sind bereits
weitgehend selbstständig, die Sunniten – so scheint es seit gestern –
haben ihren Kampf mit diesem Ziel gerade erst begonnen. Erschreckend
sind die Parallelen zu Afghanistan. Auch hier ist ein Abzug geplant.

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