Rheinische Post: Kampf umÄgypten Kommentar Von Matthias Beermann

Es ist in diesen Tagen nicht leicht zu sagen,
was man von den Vorgängen in Ägypten halten soll. Da werden die
ersten freien Parlamentswahlen abgehalten, die dieses Wort wenigstens
dem ersten Anschein nach auch verdienen. Doch gewählt werden weniger
jene Kräfte, die einst Machthaber Mubarak von der Macht verjagten,
sondern auf breiter Front islamistische Kandidaten, von denen einige
ganz und gar undemokratische Vorstellungen von der Zukunft Ägyptens
haben. Gleichzeitig sterben wieder täglich junge Menschen in blutigen
Straßenschlachten mit der Polizei. Mubarak ist zwar Vergangenheit,
aber der Apparat, der ihn stützte, reagiert auf Protest und
Opposition ganz wie früher: mit brutaler Repression. Das ist alles
nicht sehr ermutigend, aber war es anders zu erwarten? In Kairo wird
heute um das Ägypten von morgen gekämpft, um die Verteilung von Macht
und Einfluss, auch um die Verteilung ökonomischer Vorteile. Dass das
in geordneten Bahnen und schön friedlich ablaufen würde, konnte man
hoffen, durfte man aber nicht voraussetzen – und schon gar nicht
dürfen wir Europäer es jetzt zum Vorwand nehmen, um uns in Grausen
abzuwenden. Die Umwälzung in Ägypten, das sehen wir jetzt, birgt
erhebliche Risiken. Aber zurück geht es nicht.

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