Rheinische Post: Kommentar / Auch Gabriel muss Farbe bekennen = Von Martin Kessler

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Zeitpunkt
seiner Brandrede gegen die in der Flüchtlingspolitik zerstrittene
Union gut gewählt. Am Sonntag kommen die drei Parteichefs der großen
Koalition zusammen und müssen sich auf den künftigen Kurs
verständigen. Da macht es sich gut, im Vorfeld den Mahner zu spielen,
der die Streithähne Merkel und Seehofer zur Vernunft ruft. Gabriel
warnt zu Recht, aber er verbirgt damit geschickt die Ratlosigkeit der
SPD. Denn auch die Sozialdemokraten sind – wenn auch nicht so hörbar
– über die Behandlung der Flüchtlingsströme uneins. Die Arbeiter-SPD
will dringend eine Begrenzung, die Sozialarbeiter- und Lehrer-SPD
eine noch herzlichere Willkommenskultur. Der SPD-Chef sieht das
Flüchtlingsproblem eher mit Sorge. Das heißt aber, er muss sich zu
den von der Union vorgeschlagenen Transitzonen an der Grenze
verhalten. Sie einfach als Haftanstalten für Flüchtlinge zu
denunzieren, hilft nicht weiter. Gabriel weiß, dass Deutschland
allein die Flüchtlingskrise nicht lösen kann. Von der EU ist vorerst
keine Hilfe zu erwarten. Er muss also mithelfen, wirksame Mittel
gegen den unbegrenzten Zustrom zu finden. Eines davon könnte die
ungeliebte Transitzone sein.

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