Rheinische Post: Kommentar: Chance für Fortschritt in der Bildung vertan

Es mag ja verständlich sein, dass die Länder in der Debatte
um einheitlichere Bildungsstandards und mehr Transparenz empfindlich bis
allergisch reagieren. Schließlich ist die Bildung seit jeher ihre Kernkompetenz
und mittlerweile ihre letzte Bastion in Abgrenzung zum Bund. Und richtig ist,
dass die Bundesbildungsministerin aus dem Berliner Regierungsviertel nicht so
gut einschätzen kann, was es für Angebote in den sehr unterschiedlichen Regionen
des Bundesgebietes braucht, um gute Bildung zu gewährleisten. Ein
zentralistisches System wäre also der falsche Weg, aus vielen – auch
historischen – Gründen. Doch das, was sich allen voran Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder (CSU) und Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann
(CDU) da gerade leisten, ist kurzsichtig und zeugt von kleinlichem
Gartenzaun-Denken. Ihre Absage an den Nationalen Bildungsrat ist nur in ihren
eigenen Ländern vermittelbar. Bayern und Baden-Württemberg, die in
Bildungsrankings häufig auf den vorderen Plätzen landen, sorgen sich um ihre
hohen Standards. Das ist legitim. Aus diesem Grund aber ein lediglich beratendes
Gremium dem Erdboden gleichzumachen, das noch gar nicht gestartet war und
wichtige Probleme lösen sollte, muss auf Ablehnung stoßen. Moderne
Bildungspolitik muss alte Hindernisse beseitigen können. Die Länder aber
torpedieren ein weiteres Mal jegliche Fortschrittsversuche. Damit vertun sie
eine Chance, Deutschland voranzubringen. Daher müssen die jetzt kritisch
auftretenden Länder sich nicht wundern, wenn das öffentliche Vertrauen in sie
als Bildungsverantwortliche auf einen Tiefpunkt gefallen ist. Sie leisten genau
der Debatte Vorschub, die sie unbedingt verhindern wollen: Ob mehr
zentralistische Elemente im deutschen Bildungssystem nicht doch der bessere Weg
wären.

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