Der Papst ist kein Politiker. Selbst dann
nicht, wenn er politisch zu agieren scheint. Weil im Gegensatz zu
allen augenscheinlich Mächtigen seine Macht im Charisma gründet, in
seiner gelebten moralischen Glaubwürdigkeit. Seine Armee ist die
frohe Botschaft. Und nun das: Ausgerechnet auf seiner Friedensreise
in Myanmar vermeidet Papst Franziskus, die Opfer beim Namen zu
nennen. Die verfolgte muslimische Minderheit der Rohingya-Volksgruppe
bleibt unerwähnt. Stattdessen fordert er nur, die Rechte aller zu
würdigen. Papst Franziskus ist kein ängstlicher, verzagter Mensch.
Das hat er in seinem Pontifikat immer wieder unter Beweis gestellt.
Seine Zurückhaltung nun soll der Sorge geschuldet sein, dass
deutlichere Worte neue Konflikte im Land entfachen könnten. Der Papst
hat also plötzlich diplomatisch gehandelt, politisch im weitesten
Sinne. Das muss man zwar akzeptieren. Allerdings wird dieser
Rollenwechsel teuer bezahlt: mit dem Verlust, frei zu reden und nur
seinem Gewissen zu folgen. Auf dieser schwierigen Reise ließ sich
Papst Franziskus selbst entmachten.
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