Rheinische Post: Kommentar / Die hoffnungslose Lage der Sozialdemokraten = Von Eva Quadbeck

Es sind nicht nur die Umfragewerte, die zeigen,
wie bitter die Lage der SPD ist. Auch die Suche nach einer neuen
Führung offenbart den Zerfallsprozess dieser Partei: Kein Genosse
vermag es, das Verfahren zu steuern. Bislang hat sich auch noch
niemand gemeldet, dem die Führung auch zugetraut wird – geschweige
denn, dass jemand auf der Lichtung stünde, der die Sozialdemokraten
wieder über 20 Prozent bringen könnte.

Es gibt in der SPD kein Machtzentrum mehr und keine Autoritäten.
Die wenigen verbliebenen Hoffnungsträger wie Generalsekretär Lars
Klingbeil, Familienministerin Franziska Giffey oder auch
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig bleiben in Deckung. Das hat
einen guten Grund: Wer strategisch seine Zukunft in der
Spitzenpolitik sieht, will nicht SPD-Chef werden. Medizinische
Diagnosen versieht man in solchen Fällen mit dem Zusatz: Es gibt
keine Hoffnung mehr.

Die Sozialdemokraten haben ihre Stärke in der Nachkriegsgeschichte
daraus gezogen, dass sie eine staatspolitische Haltung zeigten, als
Fortschrittspartei galten und für soziale Gerechtigkeit kämpften.
Heute fallen sie zu oft durch eine strategische Haltung auf, neue
Fortschrittspartei sind die Grünen, und auf dem Feld der sozialen
Gerechtigkeit gelingt es der SPD zu selten, ihr Heu auch in die
Scheune zu fahren.

Das entscheidende Problem der Kandidatensuche ist, dass die
Stellenausschreibung nicht klar ist: Will die SPD eine Parteiführung,
die sie in der Groko hält? Oder wollen die Genossen eine Führung, die
das Bündnis platzen lässt? Diese Richtungsentscheidung einem
Mitgliedervotum zu überlassen, hat viel mit Nabelschau und nichts mit
verantwortlicher Haltung zu tun. Solange die Verantwortung in der SPD
wie eine heiße Kartoffel herumgereicht wird, werden die Wähler
fernbleiben.

www.rp-online.de

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2627

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell