Rheinische Post: Kommentar / Die Schonzeit für Steuersünder ist vorbei = Von Martin Kessler

Es ist das eine, gegen zu hohe Steuern zu
protestieren und politisch dagegen vorzugehen. Etwas anderes ist es,
sich selbst die Steuersenkung durch Gesetzesverstoß zu genehmigen.
Den Staat um seinen Anteil zu bringen, ist kein Kavaliersdelikt,
sondern eine Straftat. Deshalb ist die Strafbefreiung durch
Selbstanzeige eine der Sonderlichkeiten des deutschen Steuerrechts,
die kaum zu rechtfertigen ist. Ein Dieb, der sein Diebesgut
zurückgibt, kommt auch nicht straffrei davon. Trotzdem sollte der
Fiskus einen Anreiz schaffen, hinterzogene Steuern freiwillig zu
offenbaren. Er spart sich und dem Steuerzahler viele aufwendige
Ermittlungen und das Operieren im Graubereich von Steuer-CDs und
Datenverkauf. So sollte eine Selbstanzeige den Steuersünder künftig
nicht mehr generell von Strafe freistellen, sondern sich eher
strafmildernd auswirken. Obergrenzen einzuführen, mag zwar der
populären Neigung entsprechen, wenigstens die großen Fische zu
fangen. Doch wer den Staat um Steuern in Höhe von 50 000 Euro prellt,
begeht keine Bagatelle. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb dazu
durchringen, das Steuerrecht dem übrigen Strafrecht anzugleichen und
Verstöße konsequent zu ahnden.

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