Also, statt sofortigem Ausstieg aus der Groko gilt nun bei
der SPD: Die wollen nur reden. Vorerst. Die Dynamik „Raus aus der Groko“ bleibt
aber mit der neuen Führung erhalten. Mindestens das Hadern mit der
Regierungsbeteiligung wird weitergehen. Das birgt für die Sozialdemokraten die
Gefahr, sich von den Bürgerinnen und Bürgern zu entkoppeln. Die Mehrheit der
Bevölkerung ist dafür, dass die große Koalition weiter regiert. Erschwerend
kommt hinzu, dass ausgerechnet der in der Bevölkerung beliebteste
Sozialdemokrat, Finanzminister Olaf Scholz, nach dem Parteitag abgemeiert
dasteht. Auch die Minister im Kabinett sehen alt aus. Nachdem sie in den
bisherigen Verhandlungen mit der Union alles gegeben haben, sollen ihre Pakete
plötzlich neu aufgeschnürt werden, als hätten sie nichts erreicht. So machen
sich die Sozialdemokraten selbst schlechter, als sie sind. Was genau die
SPD-Minister und ihre neue Führung nun gegenüber der Union durchsetzen müssen,
damit man sich nicht mehr ständig mit der Existenzfrage befassen muss, bleibt
unklar. Der Leitantrag des Parteitags enthält allenfalls einen roten Faden: Wir
wollen Sozialdemokratie pur. Nur: So wird es nicht laufen. Als die Union noch
bei rund 40 Prozent stand, konnte sie aus Rücksicht auf den Koalitionspartner
alles Mögliche durchwinken, was beim eigenen Wirtschaftsflügel für Schnappatmung
sorgte. Doch auch in der Union ist die Sehnsucht nach mehr eigener parteilicher
Identität inzwischen groß. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer bedient dies,
indem sie angesichts der neuen SPD-Forderungen schon klare Kante gezeigt hat.
Für die geschwächte CDU-Chefin sind die Forderungen der neuen SPD-Führung eine
willkommene Gelegenheit, sich zu profilieren. Für die Groko bedeutet diese
Gemengelage insgesamt nichts Gutes.
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