Rheinische Post: Kommentar: Drama im Mittelmeer

Die Flüchtlingskrise im Mittelmeer ist wieder
um eine Variante reicher. Weil Migranten aus Afrika nicht in das
Bürgerkriegsland Libyen zurück wollten, wo ihnen womöglich
Versklavung und Folter drohen, haben sie kurzerhand einen türkischen
Frachter gekapert, der die Schiffbrüchigen aufgenommen hatte. Prompt
spricht Italiens rechtspopulistischer Innenminister von Piraterie.
Angebrachter wäre es wohl, von einem Akt der Verzweiflung zu
sprechen. Es mögen Schlepper hinter der Aktion stehen. Aber
verständlich ist es schon, dass die geretteten Migranten nicht in ein
Land wie Libyen zurückgebracht werden wollten. Die Marine von Malta
hat richtig gehandelt, indem sie den türkischen Frachter befreite und
die Migranten in einen maltesischen Hafen brachte. Jetzt müssen auch
andere europäische Länder – zum Beispiel Deutschland – die Migranten
aufnehmen. Malta mit dem Problem allein zu lassen, wäre schäbig. Das
Bürgerkriegsland Libyen ist aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit
verschwunden. Zu Unrecht. Die EU muss mehr Diplomatie,
internationalen Druck und Aufbauhilfe aufbieten, um dem Chaos dort
Herr zu werden.

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