Rheinische Post: Kommentar: Eifer in Erziehungsfragen

In einer Klinik in Gelsenkirchen durchlaufen
Kinder, die nicht mehr schlafen, nicht essen oder viele Stunden
schreien, ein Verhaltenstraining, das ihrem Leben wieder einen Rahmen
gibt. Das funktioniert nicht ohne Anpassungsschmerz. Tränen fließen,
und so ist die Empörung über die Methode, die in der aktuellen
Kino-Doku „Elternschule“ gezeigt wird, groß. Kinder sind das
schwächste Glied im Erziehungsgefüge, darum ist auf ihre Rechte zu
achten. Doch der Eifer, mit dem die Kritiker nun gegen Klinik und
Film vorgehen, ist überzogen. Und zugleich bezeichnend für eine
Gesellschaft, die Kinder vor jeder Zumutung bewahren will. Und sei es
die Zumutung eines Neins. Natürlich ist in Erziehungsfragen nicht
jedes Mittel recht. Natürlich ist es ein Segen, dass die Zeit von
Drill und Strafe vorbei ist. Doch darum geht es auch in der Doku
nicht. Für die Familien in der „Elternschule“ sind klare Strukturen
die letzte Rettung. Dafür sollte man weder sie noch die Therapeuten
beschimpfen, sondern darüber nachdenken, warum manche Eltern heute so
unter Druck stehen, dass sie ein geregeltes, entspanntes Verhältnis
zu ihren Kindern nicht mehr hinbekommen.

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