Rheinische Post: Kommentar / Ein Armutszeugnis für Nordrhein-Westfalen = Von Birgit Marschall

Für die Kommunalfinanzen sind in Deutschland
die Bundesländer zuständig, so steht es im Grundgesetz. Sie müssen
dafür sorgen, dass sämtliche ihrer Kommunen genügend Geld haben, um
nicht nur die laufenden Ausgaben decken, sondern auch in die Zukunft
investieren zu können. Länder wie Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und das Saarland sind an dieser Aufgabe gescheitert.
Vor allem Nordrhein-Westfalen gibt kein gutes Bild ab: Zwei Drittel
aller Kassenkredite der verschuldeten Kommunen, die sich auf
insgesamt 42 Milliarden Euro summieren, entfallen auf NRW.

Dass sich nun der Bund trotz der eindeutigen Verfassungslage
bereit erklärt einzuspringen, bringt den betroffenen Ländern und
Kommunen eine willkommene Erleichterung. Politisch ist es für die
Länder jedoch ein Armutszeugnis. Hessen zum Beispiel hat vorgemacht,
dass eine Entschuldung sehr wohl auch ohne Bundeshilfe gelingen kann.
Ökonomisch gesehen setzt der Bund mit seinem großzügigen Angebot der
Teilübernahme der kommunalen Altschulden die falschen Anreize: Er
entlässt die Länder aus ihrer Verantwortung. Diejenigen mit den 2500
am höchsten verschuldeten Kommunen – Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und das Saarland – sanieren sich auf Kosten des
Bundes und damit auf Kosten aller Steuerzahler in Deutschland.

Obwohl die Zusage des Bundes ökonomisch falsch ist, ist sie
politisch gesehen richtig. Denn die betroffenen Kommunen schieben den
Altschuldenberg bereits seit Jahrzehnten vor sich her, ohne dass
etwas geschieht. Sie brauchen einen Befreiungsschlag. Von den Ländern
war dieser nicht zu erwarten. Berlin darf einfach nicht mehr mit
ansehen, wie die soziale Lage in vielen Städten aus Geldmangel und
wegen des Länderversagens aus den Fugen gerät.

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