Rheinische Post: Kommentar / Ein Herz für Asylanten = Von Stefan Weigel

Asylbewerber, die abgeschoben werden sollen,
wie Verbrecher in Gefängnissen unterzubringen, ist mit europäischem
Recht nicht zu vereinbaren. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs
klingt lapidar, ist aber revolutionär. Denn genau das ist in
Deutschland bislang gängige Praxis: Abschiebehäftlinge werden wie
Straftäter in Justizvollzugsanstalten einquartiert – selbst wenn sie
dort wie etwa in NRW bevorzugt behandelt werden. Der EuGH hat dem
nun, um im Bild zu bleiben, einen Riegel vorgeschoben. Endlich! Denn
wie soll man jemandem erklären, dass hohe Kirchenvertreter und sogar
der Bundespräsident öffentlich die Frage stellen, ob unser Land genug
für Flüchtlinge tut, während wir etliche dieser Menschen
gleichzeitig behandeln wie Verbrecher? Nur, weil ihr Asylantrag
abgelehnt wurde und sie unser Land nicht freiwillig verlassen wollen.
Ein europäisches Gericht hat dem deutschen Rechtsstaat attestiert,
dass seine Behandlung von Migranten gegen die Menschenwürde verstößt.
Dass wir uns so etwas sagen lassen müssen, bevor wir handeln, ist die
eigentliche Schande.

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