Rheinische Post: Kommentar / Eine schallende Ohrfeige für Europa = Von Frank Herrmann

Mit der Ankündigung, das Atomabkommen mit Iran
zu kippen, hat Donald Trump einst seinen Wahlkampf bestritten. So
gesehen ist er sich treu geblieben. Auch nach 15 Monaten im Oval
Office arbeitet er die Liste seiner Versprechen mit derselben sturen
Entschlossenheit ab, mit der er sich vom Pariser Klimavertrag
verabschiedete oder Zollhürden aufstellte. Nur dass der neueste
Alleingang noch folgenschwerer sein dürfte als die vorangegangenen.
Wer auf Lerneffekte angesichts der Realität des Regierens gehofft
hatte, sieht sich endgültig eines Besseren belehrt. Der Ausstieg aus
dem Deal zeigt ein Amerika, das den Rat seiner westlichen Verbündeten
arrogant ignoriert. Er ist eine schallende Ohrfeige für die Europäer,
die die Abmachung durch Nachbesserungen zu retten versuchten. Und
zugleich ein demonstrativer Affront gegen den Brückenbauer Barack
Obama. Nicht nur, dass Trumps Vorgänger um den Wert der
transatlantischen Allianz wusste. Ihn motivierte die Überzeugung,
dass es gelingen kann, einen schwierigen Akteur wie Iran aus der
Kälte zu holen. Das Prinzip des Wandels durch Annäherung, dem Obama
im Umgang mit Teheran folgte – in den Augen Trumps ist es nichts als
naive Gutgläubigkeit. Nur: Was der Brechstangenpolitiker nicht im
Repertoire hat, sind vernünftige Alternativen.

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