Rheinische Post: Kommentar / Es geht um die Opfer = VON LOTHAR SCHRÖDER

Die Studie über sexuelle Gewalt gegen Kinder in
der katholischen Kirche ist eine Chance: Für die Institution selbst,
die nach den fürchterlichen Vergehen sogenannter Seelsorger ihren
Willen zur Aufarbeitung und Vermeidung künftiger Verbrechen glaubhaft
machen kann. Besonders aber für die Opfer, indem ihr Leid möglichst
vollständig dokumentiert und wahrgenommen wird. Natürlich kann man
damit nichts mehr ungeschehen machen, aber doch zumindest Reue
jenseits eingeübter Rituale zeigen. Der Streit jetzt über die
Seriosität der Studie – die freilich erst noch publiziert wird – muss
darum aus Opfersicht schwer erträglich sein. Es sind immer die
geschlossenen Räume, die Missbrauch erst möglich machen. Diese für
die Aufarbeitung nicht möglichst weit und vorbehaltlos zu öffnen,
kann auch als selbstgerechtes Handeln verstanden werden. Es geht
diesmal nicht um Verkündigung, nicht um Mission oder Bewahrung der
Schöpfung. Sondern um Schuld, um Doppelmoral und um ein viel zu
langes Schweigen. Was muss noch geschehen, um dies nicht zu erkennen?

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