Der amerikanische Präsident, das ist der Kern, 
hat den Staatschef einer fremden Macht de facto um Wahlkampfhilfe 
gebeten. Wie sonst soll man es interpretieren, wenn er Wolodymyr 
Selenskyj bat, dem Verdacht nachzugehen, dass Joe Biden die 
Strafverfolgung seines Sohnes in der Ukraine abwürgte?
   Falls Biden senior das Kandidatenrennen der Demokraten gewinnt, 
wäre er im November 2020 der Mann, mit dem sich Trump im Kampf ums 
Weiße Haus zu duellieren hat. Dass sich Trump aus Kiew 
kompromittierendes Material über den Rivalen erhoffte, daran kann es 
nach der Veröffentlichung des Telefonmitschnitts keinen Zweifel mehr 
geben. Dass er die Freigabe von Militärhilfe an ein Entgegenkommen 
der Ukraine knüpfte, dafür liefert das Gespräch mit Selenskyj keinen 
Beleg. Doch zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass der 
Whistleblower, der die Lawine ins Rollen brachte, demnächst im 
Kongress noch mehr über das Kapitel erzählt. Und zum anderen wiegt 
schwer genug, was schon jetzt bekannt ist.
   Ein Amerikaner, der im Ausland um Unterstützung bittet, um einen 
anderen Amerikaner in Misskredit zu bringen – damit hat Trump 
geltendes Recht gebrochen. Er hat eine Grenze überschritten, was die 
Opposition ihrerseits den Rubikon überschreiten lässt. Das 
Amtsenthebungsverfahren, das der linke Flügel der Demokratischen 
Partei im Grunde schon seit dem Tag anstrebte, an dem dieser 
Präsident ins Weiße Haus einzog, nimmt nun Gestalt an. Bleibt die 
Frage, ob es auch politisch klug ist. Halten die Republikaner Trump 
die Treue, verschwindet das Impeachment im Nichts.
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