Rheinische Post: Kommentar: Hunolds Werk verdient Respekt

Mit dem Rücktritt von Air-Berlin-Chef Joachim
Hunold verliert die deutsche Wirtschaft einen der letzten Manager
dieser Art: Einen streitbaren Querkopf, der an nichts mehr als an
sein eigenes Bauchgefühl glaubt, der mit unvorstellbarer Energie über
Jahrzehnte hinweg persönliche Ziele verfolgt, sich dabei mit allen
Mitteln den Weg freiräumt und Bedenkenträger selten ernst nimmt.
Diese charakterliche Unbedingtheit hat ihn groß gemacht. Es war ein
Glücksfall für die deutsche Luftfahrt, dass er diese Kraft in den
Aufbau einer Airline investiert hat: Plötzlich musste der ehemalige
Staats-Monopolist Lufthansa sich um Kunden bemühen, senkte die Preise
und verbesserte das Angebot. Leider funktioniert ein solcher
Charakter an der Spitze eines Unternehmens offenbar nur in dessen
Gründerzeit. Im späteren Alltag, erst recht in der Krise ist
Fingerspitzengefühl wichtiger als Mut, Diplomatie wichtiger als
Kraft. Darum werden so wenige deutsche Unternehmen von so
unverwechselbaren Originalen wie Joachim Hunold geführt. Ja, er hat
Air Berlin auch in die Krise geführt. Ja, der Börsenwert ist auf 200
Millionen Euro eingebrochen. Aber selbst diese 200 Millionen Euro
gäbe es ohne Hunolds Tatkraft heute nicht. Gestern trat er im Rahmen
einer Telefonkonferenz ab. Sein Lebenswerk hätte einen würdigeren
Abschied verdient.

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