Rheinische Post: Kommentar / Kraft begnügt sich in NRW mit Mittelmaß = Von Martin Kessler

Als zupackende, mitfühlende und sozial
engagierte Regierungschefin mit schnoddriger Ruhrgebietssprache hat
Hannelore Kraft die Herzen der NRW-Bürger erobert. Wenn sie keine
entscheidenden Fehler macht, dürfte sie 2017 wiedergewählt werden,
wahrscheinlich als Chefin einer rot-grünen Landesregierung. Wenn sie
jetzt erklärt, ihr Platz sei weiterhin in Nordrhein-Westfalen, macht
sie das in den Augen der Wähler nur sympathischer. Zugleich verrät
sie eine gesunde Einschätzung ihrer Position. Denn sie verzichtet auf
eine Bundeskarriere – als Kanzlerkandidatin oder als mögliche
Bundespräsidentin. Auch das dürfte ihr angerechnet werden. Sie bleibt
eben bodenständig und regional verwurzelt. Diese persönlichen Vorzüge
dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Regierungschefin
für ihr Land mit Mittelmaß zufrieden ist. Ob Pro-Kopf-Einkommen oder
schulische Leistungen, ob Hochschulniveau oder Hightech-Industrie,
NRW hat nirgends eine Führungsrolle. Sachsen als hoffnungsvollstes
Aufsteigerland aus dem Osten orientiert sich an Baden-Württemberg und
Bayern, nicht an NRW. Das ist schade. Aber vielleicht will es eine
Mehrheit im Lande auch so.

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