Rheinische Post: Kommentar: Latent krisenhaft

Wären die Wirtschaftsdaten der einzige Maßstab
für den Beziehungsstatus zwischen zwei Staaten, dann bräuchte man
sich um die deutsch-polnische Partnerschaft nicht zu sorgen. Im
Gegenteil: Die Nachbarländer befinden sich in einem nicht enden
wollenden ökonomischen Honeymoon.

Allerdings trübt sich das Bild schnell ein, wenn man politische
Kategorien berücksichtigt. Dann lässt sich der Beziehungsstatus nur
als latent krisenhaft bezeichnen. Daran ändert auch die Tatsache
nichts, dass Angela Merkel und der polnische Premier Mateusz
Morawiecki die strittigen Themen mit einer
Friede-Freude-Eierkuchen-Rhetorik zu verdecken versuchten. Denn zu
den Sachproblemen gesellen sich allerlei Grundsatzfragen, die Berlin
und Warschau entzweien.

Nicht zuletzt geht es um die Vergangenheit, in der Deutschland
nicht wiedergutzumachende Schuld auf sich geladen hat. Darauf
verweisen auch die Reparationsrechnungen, die Polen derzeit wieder
aufmacht. Völkerrechtlich sind diese Forderungen substanzlos. Ideell
aber nicht. Über solche Fragen sollten beide Seiten dringend reden,
statt sich gegenseitig abzufeiern.

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