Rheinische Post: Kommentar: Majestätsbeleidigung

Es ist richtig, dass aus Gründen der
Gewaltenteilung letztlich Gerichte darüber entscheiden, ob die
Schmähkritik des ZDF-Moderators Jan Böhmermann eine Beleidigung des
türkischen Präsidenten Erdogan darstellt oder als zulässige
Meinungsäußerung gilt, die grundgesetzlich geschützt ist. Dazu passt
es aber überhaupt nicht, dass nach dem Ausnahmeparagrafen für die
Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter genau darüber die
Bundesregierung zuerst entscheiden muss. Denn nur sie kann die
Staatsanwaltschaft ermächtigen, das Verfahren durchzuführen. Dabei
muss sie nach Auffassung des Verfassungsrechtlers Alexander Thiele
materiell prüfen, ob das Schmähgedicht Böhmermanns durch die
Satire-Freiheit gedeckt ist. Das ist aber nicht ihre Aufgabe und ein
Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Das heißt, der Strafparagraf 103,
der bei Beleidigungen ausländischer Staatsoberhäupter zum Zuge kommt,
stellt nicht nur diese besser als Normalsterbliche, sondern verstößt
auch gegen die Gewaltenteilung. Es wird höchste Zeit, ihn
abzuschaffen.

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