Rheinische Post: Kommentar / Mehr als nur ein Beitrag zur Gleichberechtigung = Von Jan Drebes

Zunächst klingt es befremdlich, dass der Staat
ausgewählte Studenten unterstützt, weil sie einer Religion angehören
– schließlich sind Staat und Kirche hierzulande qua Verfassung
getrennt. Dass die Regierung diese Praxis auch auf Muslime ausweitet,
ist hingegen nur konsequent. Seit Jahren stört sich niemand daran,
dass katholische, evangelische und jüdische Studenten Geld vom
Forschungsministerium für ihre Begabtenstipendien bekommen. Was die
Förderwerke Cusanus, Villigst und Ernst-Ludwig Ehrlich anbieten,
vervollständigt das Avicenna-Werk nun lediglich. Warum sollten also
nicht auch muslimische Studenten – übrigens in großer Mehrheit
deutsche Staatsbürger – ein staatlich finanziertes Stipendium
bekommen? Kritiker von Avicenna warnen als Antwort auf diese Frage
vor möglichen Islamisten, die in ihrem religiösen Wahn auch noch vom
Staat unterstützt würden. Wer das meint, müsste aber auch vor den
anderen religiös ausgerichteten Werken warnen. Doch das wäre absurd.
Wichtiger ist, dass die Studienwerke den kritischen Umgang mit ihrer
Religion suchen und neben den Finanzen auch die Persönlichkeit der
Stipendiaten fördern. Und Bildung ist schließlich noch der beste
Schutz vor Fanatismus.

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