Rheinische Post: Kommentar / Merkel im politischen Ausnahmezustand = Von Eva Quadbeck

Die Kanzlerin weiß, dass ein klares Bekenntnis
gegen Rechtsradikale notwendig, aber nicht ausreichend ist, um eine
kippende Stimmung im Land gegenüber den Flüchtlingen zu verhindern.
So machte sie gestern auch Mut, pries Deutschlands Stärke, erinnerte
an die Leistungen rund um die Deutsche Einheit und lobte sogar die
Medien für ihre klare Haltung. Die Kanzlerin ist endlich raus aus der
von ihr sonst geschätzten Politik der kleinen Schritte. Politischer
Ausnahmezustand für Merkel: Sie treibt ihre Regierung zu schnellen
Entscheidungen. Noch im September sollen Beschlüsse für neue Gesetze
fallen, damit Bund, Ländern und Kommunen wieder den Eindruck
bekommen, man habe die Lage im Griff.

Doch die Deutschen können unbürokratisch, effizient und humanitär
die Flüchtlinge versorgen – wenn in Europa nicht rasch etwas
geschieht, hat man nur noch die Wahl zwischen zwei Übeln: Chaos im
Land, oder Grenzen schließen. Dann wäre das europäische Projekt
schneller am Ende, als man es sich an den schlimmsten
Griechen-Krisen-Tagen je hätte ausmalen können. Merkel wird in Europa
ein ähnliches Tempo und eine ähnliche Klarheit vorlegen müssen, um
den Zusammenhalt Europas zu sichern.

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