Rheinische Post: Kommentar: Merkels Wettlauf

Kanzlerin Merkel musste ihre Pläne zur Lösung
der Flüchtlingskrise deutlich abspecken. Vorerst wird es keine
Kontingente geben, über die Europa weitere Flüchtlinge aufnimmt.
Vielmehr geht es erst einmal darum, die EU abzuriegeln. Das ist der
kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich in Europa noch einigen
kann. Nur wenn es der EU in Kooperation mit der Nato und der Türkei
gelingt, in den kommenden Wochen spürbar den Flüchtlingszustrom aufs
europäische Festland zu verringern, wird das historische Projekt der
offenen Grenzen in Europa überleben. Es ist ein Wettlauf gegen die
Zeit: Je länger Flüchtlinge in Massen in Europa anlanden, desto mehr
Länder sichern ihre Grenzen auf eigene Faust. Auch für Deutschland
ist der Schritt notwendig. Die Nation ist in der Flüchtlingsfrage
gespalten, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik
ramponiert. Das Land braucht eine Atempause, um Flüchtlinge nicht nur
zu registrieren, sondern auch zu integrieren – und um die Parolen der
AfD zu entzaubern.

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