Rheinische Post: Kommentar / Schäubles Fehler, Draghis Versuchung = Von Antje Höning

Menschlich ist es verständlich, dass die Geduld
von Finanzminister Schäuble am Ende ist. Sein griechischer Kollege
Varoufakis hintergeht und attackiert ihn, provoziert und bricht
Zusagen. Dennoch hätte Schäuble sich nicht hinreißen lassen dürfen,
öffentlich mit dem Grexit zu drohen. Den wird seine Kanzlerin nicht
zulassen. Ein Grexit wäre das Ende der Euro-Idee und außenpolitisch
ein Desaster. Russland hat sich den Griechen schließlich schon als
alternativer Retter angedient. Daher hat Merkel die Hellas-Rettung
nun wieder zur Chefsache gemacht. Doch die Lage ist verfahren, weil
die Staaten bis Freitag keine neue Hilfe aus dem Hut zaubern können,
selbst wenn sie wollten. Die letzte Ausfahrt heißt mal wieder
Frankfurt. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) vorübergehend
T-Bills als Sicherheiten akzeptiert, könnte sie griechischen Banken
neue Kredite geben, die diese an ihren Staat weiterreichen. Das ist
verdeckte Staatsfinanzierung und der EZB verboten. Doch wenn
EZB-Präsident Draghi will, wird er den Weg freimachen und dies damit
begründen, der Zweck, den Euro zu retten, heilige alle Mittel. So
wirkt er immer weiter fort, der Fluch der bösen Tat, Griechenland in
den Euro aufzunehmen.

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