Rheinische Post: Kommentar: Schule und Uni

Dass gut gemeint nicht gut gemacht sein muss,
zeigt der neue Vorstoß des NRW-Schulministeriums: Es wirbt dafür, bis
zu zwei Oberstufen-Klausuren in modernen Fremdsprachen durch
mündliche Prüfungen zu ersetzen. Der praktische Aufwand dürfte immens
sein. Lehrer berichten, Kollegen der Sekundarstufe I hätten bis zu
zwei Tage gebraucht, eine Klasse mündlich durchzuprüfen. Dass
Oberstufenkurse eher kleiner und dass Gruppenprüfungen möglich sind,
lindert das Problem nur etwas; eine Netto-Mehrbelastung der Lehrer
dürfte bleiben. Es ist kein Zufall, dass von der bereits bestehenden
Möglichkeit wenig Gebrauch gemacht wird. Die Vorbereitung auf Beruf
und Studium steht in der Argumentation des Ministeriums ganz oben.
Zweifellos ist genau das die ureigene Aufgabe des Gymnasiums. Um aber
selbstständiges Arbeiten einzuüben, gibt es schon heute Referate,
Facharbeiten, Gruppenprojekte. Das Problem ist grundsätzlicher: Mit
dem Einzug von Bachelor und Master hat sich das Hochschulstudium
massiv verschult; damit ist für das Erlernen von
Eigenverantwortlichkeit und wissenschaftlichen Grundlagen weniger
Zeit als früher. Es wäre ein Denkfehler, die Korrektur dieses
Missstands dem Gymnasium aufzubürden.

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