Rheinische Post: Kommentar / Stinkefinger und Gülle = Von Horst Thoren

Wer aufs Land zieht, erhofft sich Ruhe und
Entspannung. Der Bauer nebenan gehört zur gesuchten Idylle. Wehe
aber, er stört die romantische Vorstellung vom Leben auf dem Dorf. Da
wird der Hahn zum Störfaktor, der Traktor zur Verkehrsbelästigung,
die Gülle zur Umweltgefahr. Wer mit der Vorstellung aufgewachsen ist,
dass im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt, kann sich mit der
Spritzerei aus Güllefässern kaum abfinden. Es tobt der Streit um
anderer Leute Mist – der nämlich kommt aus Holland. Die Viehzüchter
dort machen aus Dreck Geld und verkaufen Gülle als Dünger auch an den
Niederrhein. Dabei ist die Gülle ein Naturprodukt und sicher nicht
weniger umweltfreundlich als Kunstdünger. Die alte Volksweisheit
(„Der Mist ist kein Heiliger, aber er bewirkt Wunder“) rechtfertigt
aber keine Gülle-Exzesse. Zumindest am Wochenende sollte der kluge
Bauer auf Stink-Touren verzichten. Zudem könnte eine Gülle-Polizei
wie in Holland verhindern, das allzu oft und übermäßig gedüngt wird.
So könnte NRW hartnäckigen Gülle-Sündern gewissermaßen den
Stinkefinger zeigen.

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